Shanghai Trainingsanalyse: Red Bull und McLaren in Favoritenrolle

Die Freitagszeiten sind meistens ein Indikator fur das Rennen. Demnach lauft alles auf ein Duell McLaren gegen Red Bull hinaus. Mercedes ist bis jetzt nur auf eine Runde schnell. Lotus uberlegt, sein Aero-Paket zuruckzubauen. Sebastian Vettel wei? noch nicht, welche Auspuffvariante er wahlen soll. Und Sauber konnte wieder fur eine Uberraschung sorgen.

Die Dauerlaufe sind die harte Wahrung am Freitag. Sie lassen meistens erahnen, was am Sonntag passiert. Wenn der Freitag ein Indikator fur Sonntag ist, dann lauft alles auf ein Duell McLaren gegen Red Bull hinaus. Die Longruns von Jenson Button und Lewis Hamilton pendelten zwischen tiefen 1.43er und hohen 1.42er Zeiten. Das neue Aerodynamikpaket mit Frontflugel, Heckflugel und Unterboden funktioniert offenbar.
Nur Red Bull war in der Lage, die McLaren-Zeiten anzugreifen. Mark Webber lag auf dem Niveau von Button und Hamilton. Sebastian Vettel hinkte ein paar Zehntel hinterher. Sollte der Deutsche mit einer ahnlichen Benzinmenge gefahren sein wie sein australischer Kollege, dann ware das ein Fingerzeig dafur, dass der modifizierte neue Auspuff von Webber besser funktioniert als die Uralt-Version von Vettel.
Baut der Weltmeister deshalb fur Samstag auf das neue Paket zuruck? "Mal sehen. Wir mussen erst die Daten studieren", meinte Vettel kurz nach dem Training. Inzwischen ist man etwas schlauer. Teamchef Christian Horner verrat: "Sebastian behalt moglicherweise sein Auspuffkonzept, weil er sich damit wohler fuhlt. Fur seinen Fahrstil scheint das alte Paket besser. Sollten wir im Rennen zweigleisig fahren, wurden wir mehr Daten sammeln und konnten dann schauen, was wir fur Seb mit dem neuen Auspuff tun konnen. Unter dem Strich hat die neue Losung mehr Potenzial."
Malaysia-Sieger Fernando Alonso lag im Schnitt sieben Zehntel hinter McLaren und Red Bull. Der Spanier hat nicht mehr erwartet: "Es wird ein Kampf, in die Top-Ten zu kommen. Die Anderungen sind zu gering, als dass es einen gro?en Unterschied ausmachen konnte." Der Ferrari F2012 war mit neuen Bremsbeluftungen vorne und einem leicht modifizierten Heckflugel bestuckt. Sauber konnte wie vor drei Wochen wieder die gro?e Uberrschung abgeben. Kamui Kobayashi war auf Vettel-Niveau unterwegs. Teamkollege Sergio Perez hatte mit der Abstimmung verzockt.
Force India hat im Mittelfeld einen Sprung gemacht. Offenbar zahlen sich die Retuschen am Heckflugel und am Unterboden aus. Der Dauerlauf war schon fast auf Augenhohe mit Sauber. Das ist inzwischen ein Kompliment. Nico Hulkenberg hielt den Daumen hoch: "Alles positiv. Ich habe ein gutes Gefuhl. Wenn es am Sonntag warmer wird, konnte das die Erkenntnisse von heute aber uber den Haufen werfen. Aber das gilt fur alle. Da muss man das beste aus der Situation machen."
Bei Mercedes setzte sich das Bild der ersten zwei Rennen fort. Auf eine Runde brillant, im Dauerlauf zu langsam fur einen Podestplatz. Weder Michael Schumacher noch Nico Rosberg kamen auf die Alonso-Zeiten. Dabei scheint diesmal tatsachlich der linke Vorderreifen das schwache Glied in der Kette zu sein. Mercedes erhoffte sich davon einen Vorteil. Es ist normalerweise einfacher die Vorderreifen am Leben zu halten als die hinteren Sohlen.
Fur Lotus brachte der erste Trainingstag die bittere Erkenntnis, dass die gro?e Ausbaustufe eher ein Ruck- statt ein Fortschritt war. Zumindest fur eine Strecke wie Shanghai. Die Rundenzeiten lagen zwar im Schnitt drei Sekunden unter denen der Konkurrenz, doch man darf aufgrund der gro?en Differenz davon ausgehen, dass die schwarzen Autos mit weniger Benzin unterwegs waren.
Im Moment wird diskutiert, dass am Samstag wieder die alte Aerodynamikkonfiguration zum Einsatz kommt. Es sei denn, die Ingenieure und Fahrer kommen zur Einsicht, dass ausschlie?lich die kalten Temperaturen schuld am Untersteuern waren. Da das Wetter besser werden soll, konnte sich dieses Problem von selbst losen. Genauso wie das Kornen der Vorderreifen bei Mercedes. Das ist immer dann besonders schlimm, wenn die Asphalttemperaturen niedrig sind.