Der langjahrige Formel 1-Arzt Sid Watkins ist im Alter von 84 Jahren gestorben. Auf seine Initiative hin wurden die medizinischen Standards bei Rennen und Testfahrten auf ihr heutiges Niveau gehoben. Der Arzt aus Liverpool war eine der schillernsten und beliebtesten Figuren im GP-Zirkus.
Motorsport wird nie hundertprozentig sicher sein. Aber er war noch nie so sicher wie heute. Hinter dieser Erkenntnis stehen zwei Namen: Max Mosley und Sid Watkins. Wahrend Mosley immer neue Sicherheitsbestimmungen fur Autos und Rennstrecken einforderte, verbesserte Sid Watkins die medizinische Versorgung an der Strecke. Am Mittwoch (13.9.) ist der Englander sechs Tage nach seinem 84. Geburtstag gestorben.
Der ehemalige McLaren-Teamchef Ron Dennis brachte es auf den Punkt: "Er war kein Fahrer, kein Ingenieur, kein Designer. Er war ein Doktor und hat uber all die Jahre wahrscheinlich mehr fur die Sicherheit getan als jeder andere in diesem Zirkus. Viele Fahrer und Ex-Fahrer verdanken ihm ihr Leben. Seine Arbeit fuhrte zu den Sicherheitsstandards, die viele Fahrer von heute als selbverstandlich betrachten."
Sid Watkins wurde am 6. September 1928 in Liverpool geboren. Er studierte in der englischen Industriemetropole Medizin und spezialisierte sich spater an der Universitat von Oxford auf Neurochirurgie. Mit dem Motorsport kam Watkins schon in den 60er Jahren in Beruhrungen. Er arbeitete als Arzt an den Rennstrecken von Brands Hatch und Watkins-Glen. Auf dem amerikanischen GP-Kurs hatte er 1969 sein Schlusselerlebnis, als sich Graham Hill bei einem Unfall Trummerbruche an beiden Beinen zuzog. "Wir sind fast zwei Stunden durch die Gegend gefahren und haben ein Krankenhaus gesucht. Die einen hatten geschlossen, bei anderen waren keine Arzte im Dienst, die Graham hatten helfen konnen."
Da reifte in Watkins der Gedanke, Mindestsicherheitsstandards bei Grand Prix-Rennen einzufuhren. Es dauerte aber noch bis 1978, bis er bei Bernie Ecclestone Gehor fand. Auf Initiative von Watkins hin wurde an allen Rennstrecken eine medizinische Notfallstation fur die Erstversorgung von Verletzten gebaut. Er wahlte vor Ort die diensthabenden Arzte aus und erstellte einen Rettungsplan fur Notfalle. Ein Rettungshubschrauber und Arztautos in Bereitschaft wurden Pflicht. Er stellte sicher, dass an einem GP-Wochenende in der nachstgelegenen Klinik alle relevanten Arzte Dienst haben. Watkins, der im Fahrerlager nur mit ‚Professor‘ angesprochen wurde, ubertrug die gleichen Standards spater auch auf Testfahrten.
Watkins riet Senna zum aufhoren
Sid Watkins koordinierte die Einsatze, und er war meistens einer der ersten, die bei schweren Unfallen dem Fahrer beistand. "Ich bin in solchen Fallen der gute Onkel, der die Fahrer beruhigt und ihnen gut zuspricht. Die Erstversorgung wird durch die lokalen Arzte sichergestellt, die darauf spezialisiert sind", pflegte er seine Rolle mit einem Augenzwinkern herunterzuspielen. Didier Pironi, Nelson Piquet, Gerhard Berger, Rubens Barrichello, Mika Hakkinen, Martin Donnelly, Nigel Mansell, Alex Caffi, Derek Warwick, Karl Wendlinger und Michael Schumacher waren nach ihren Unfallen froh, dass vertraute Gesicht des Professors zu sehen.
Mit vielen Fahrern verband ihn eine Freundschaft. Mitunter musste er streng mit ihnen sein. Als Nelson Piquet nach seinem schweren Trainingsunfall in Imola 1987 partout am Rennen teilnehmen wollte, verbot ihm Watkins einen Einsatz. Den Einwand des Brasilianers, er fuhle sich fit, konterte Watkins schelmisch: "Du hast nur einen Schuh an. Das zeigt mir, dass der Schlag auf deinen Kopf harter war als du denkst." Piquet war ihm spater dankbar. Er hatte bei dem Aufprall in die Mauer der Tamburello-Kurve eine schwere Gehirnerschutterung erlitten und litt als Folge ein halbes Jahr lang unter Schlaflosigkeit.
Tamburello wurde fur Watkins sieben Jahre spater zum personlichen Trauma. 1994 in Imola war der Formel 1-Arzt im Dauereinsatz. Am Freitag half er bei der Bergung von Rubens Barrichello. Am Samstag war alle arztliche Kunst vergebens, als Roland Ratzenberger ungebremst in die Mauer vor der Tosa-Kurve fuhr. Ayrton Senna vertraute Watkins am gleichen Abend an, dass er am liebsten mit dem Rennfahren aufhoren wollte. Watkins antwortete seinem Freund: "Warum machst du es nicht? Du bist der Beste und kannst jederzeit Schluss machen. Lass uns zusammen Angeln gehen und die Formel 1 vergessen."
Senna horte weg. Einen Tag spater war er tot. Als der Grand Prix von San Marino in der siebten Runde abgebrochen und im Arztauto von Sid Watkins Alarm gemeldet wurde, dass in Tamburello ein Fahrer verungluckt sei, da wusste Watkins instinktiv, dass es sich nur um Senna handeln konnte. "Wir standen eingangs der Boxengasse und ich konnte die letzte Schikane sehen. Senna war nach dem Re-Start so aggressiv gefahren, sein Williams lag so unruhig auf der Bahn, dass ich eine bose Vorahnung bekam. Ich wusste ja, unter welcher Anspannung er stand. Als uber Kopfhorer die Meldung durchgegeben wurde, rote Flagge, Unfall, Abbruch, da habe ich zu meinem Fahrer sofort gesagt: Das ist Ayrton. 30 Sekunden spater waren wir am Unfallort und mein Verdacht wurde bestatigt. Ich hatte zum dritten Mal an diesem Wochenende die verdammte Pflicht, einem Fahrer das Helmband durchzuschneiden. Als ich seinen Kopf sah, ahnte ich, dass er das nicht uberleben wurde." Watkins machte sich spater Vorwurfe, seinen Freund nicht eindringlicher zum Aufhoren bewegt zu haben.
Watkins drangte auf HANS
Die Unfalle von Imola zogen weitere Sicherheitsma?nahmen nach sich. Watkins kampfte fur den Hals- und Nackenschutz im Cockpit, einen Schaum gefullten Kragen, der den Aufprall des Kopfes dampft. Bis zuletzt bezeichnete der Englander diese Erfindung als "das wirksamste Sicherheitsinstrument" der letzten 15 Jahre. Watkins drangte auch darauf, dass HANS zur Pflicht wurde. Die Fahrer verfluchten ihn zunachst, weil das Korsett, das den Kopf bei der Vorwartsbewegung bremst, unbequem war. Watkins erwiderte: "Lass sie es ein Jahr tragen, und sie werden es gar nicht mehr wahrnehmen." Im Jahr 2005 zog sich Watkins zuruck und ubergab sein Amt an seinen Kollegen Gary Hartstein. Er setzte sich als Prasident des FIA Instituts fur Sicherheit weiterhin fur die Sache ein. 2011 ging er endgultig in Ruhestand, reichlich dekoriert mit Ehrenamtern. In Zusammenarbeit mit seiner Frau Susan brachte er ein Buch uber Bernie Ecclestone heraus.
Motorsport wird nie hundertprozentig sicher sein. Aber er war noch nie so sicher wie heute. Hinter dieser Erkenntnis stehen zwei Namen: Max Mosley und Sid Watkins. Wahrend Mosley immer neue Sicherheitsbestimmungen fur Autos und Rennstrecken einforderte, verbesserte Sid Watkins die medizinische Versorgung an der Strecke. Am Mittwoch (13.9.) ist der Englander sechs Tage nach seinem 84. Geburtstag gestorben.
Der ehemalige McLaren-Teamchef Ron Dennis brachte es auf den Punkt: "Er war kein Fahrer, kein Ingenieur, kein Designer. Er war ein Doktor und hat uber all die Jahre wahrscheinlich mehr fur die Sicherheit getan als jeder andere in diesem Zirkus. Viele Fahrer und Ex-Fahrer verdanken ihm ihr Leben. Seine Arbeit fuhrte zu den Sicherheitsstandards, die viele Fahrer von heute als selbverstandlich betrachten."
Sid Watkins wurde am 6. September 1928 in Liverpool geboren. Er studierte in der englischen Industriemetropole Medizin und spezialisierte sich spater an der Universitat von Oxford auf Neurochirurgie. Mit dem Motorsport kam Watkins schon in den 60er Jahren in Beruhrungen. Er arbeitete als Arzt an den Rennstrecken von Brands Hatch und Watkins-Glen. Auf dem amerikanischen GP-Kurs hatte er 1969 sein Schlusselerlebnis, als sich Graham Hill bei einem Unfall Trummerbruche an beiden Beinen zuzog. "Wir sind fast zwei Stunden durch die Gegend gefahren und haben ein Krankenhaus gesucht. Die einen hatten geschlossen, bei anderen waren keine Arzte im Dienst, die Graham hatten helfen konnen."
Da reifte in Watkins der Gedanke, Mindestsicherheitsstandards bei Grand Prix-Rennen einzufuhren. Es dauerte aber noch bis 1978, bis er bei Bernie Ecclestone Gehor fand. Auf Initiative von Watkins hin wurde an allen Rennstrecken eine medizinische Notfallstation fur die Erstversorgung von Verletzten gebaut. Er wahlte vor Ort die diensthabenden Arzte aus und erstellte einen Rettungsplan fur Notfalle. Ein Rettungshubschrauber und Arztautos in Bereitschaft wurden Pflicht. Er stellte sicher, dass an einem GP-Wochenende in der nachstgelegenen Klinik alle relevanten Arzte Dienst haben. Watkins, der im Fahrerlager nur mit ‚Professor‘ angesprochen wurde, ubertrug die gleichen Standards spater auch auf Testfahrten.
Watkins riet Senna zum aufhoren
Sid Watkins koordinierte die Einsatze, und er war meistens einer der ersten, die bei schweren Unfallen dem Fahrer beistand. "Ich bin in solchen Fallen der gute Onkel, der die Fahrer beruhigt und ihnen gut zuspricht. Die Erstversorgung wird durch die lokalen Arzte sichergestellt, die darauf spezialisiert sind", pflegte er seine Rolle mit einem Augenzwinkern herunterzuspielen. Didier Pironi, Nelson Piquet, Gerhard Berger, Rubens Barrichello, Mika Hakkinen, Martin Donnelly, Nigel Mansell, Alex Caffi, Derek Warwick, Karl Wendlinger und Michael Schumacher waren nach ihren Unfallen froh, dass vertraute Gesicht des Professors zu sehen.
Mit vielen Fahrern verband ihn eine Freundschaft. Mitunter musste er streng mit ihnen sein. Als Nelson Piquet nach seinem schweren Trainingsunfall in Imola 1987 partout am Rennen teilnehmen wollte, verbot ihm Watkins einen Einsatz. Den Einwand des Brasilianers, er fuhle sich fit, konterte Watkins schelmisch: "Du hast nur einen Schuh an. Das zeigt mir, dass der Schlag auf deinen Kopf harter war als du denkst." Piquet war ihm spater dankbar. Er hatte bei dem Aufprall in die Mauer der Tamburello-Kurve eine schwere Gehirnerschutterung erlitten und litt als Folge ein halbes Jahr lang unter Schlaflosigkeit.
Tamburello wurde fur Watkins sieben Jahre spater zum personlichen Trauma. 1994 in Imola war der Formel 1-Arzt im Dauereinsatz. Am Freitag half er bei der Bergung von Rubens Barrichello. Am Samstag war alle arztliche Kunst vergebens, als Roland Ratzenberger ungebremst in die Mauer vor der Tosa-Kurve fuhr. Ayrton Senna vertraute Watkins am gleichen Abend an, dass er am liebsten mit dem Rennfahren aufhoren wollte. Watkins antwortete seinem Freund: "Warum machst du es nicht? Du bist der Beste und kannst jederzeit Schluss machen. Lass uns zusammen Angeln gehen und die Formel 1 vergessen."
Senna horte weg. Einen Tag spater war er tot. Als der Grand Prix von San Marino in der siebten Runde abgebrochen und im Arztauto von Sid Watkins Alarm gemeldet wurde, dass in Tamburello ein Fahrer verungluckt sei, da wusste Watkins instinktiv, dass es sich nur um Senna handeln konnte. "Wir standen eingangs der Boxengasse und ich konnte die letzte Schikane sehen. Senna war nach dem Re-Start so aggressiv gefahren, sein Williams lag so unruhig auf der Bahn, dass ich eine bose Vorahnung bekam. Ich wusste ja, unter welcher Anspannung er stand. Als uber Kopfhorer die Meldung durchgegeben wurde, rote Flagge, Unfall, Abbruch, da habe ich zu meinem Fahrer sofort gesagt: Das ist Ayrton. 30 Sekunden spater waren wir am Unfallort und mein Verdacht wurde bestatigt. Ich hatte zum dritten Mal an diesem Wochenende die verdammte Pflicht, einem Fahrer das Helmband durchzuschneiden. Als ich seinen Kopf sah, ahnte ich, dass er das nicht uberleben wurde." Watkins machte sich spater Vorwurfe, seinen Freund nicht eindringlicher zum Aufhoren bewegt zu haben.
Watkins drangte auf HANS
Die Unfalle von Imola zogen weitere Sicherheitsma?nahmen nach sich. Watkins kampfte fur den Hals- und Nackenschutz im Cockpit, einen Schaum gefullten Kragen, der den Aufprall des Kopfes dampft. Bis zuletzt bezeichnete der Englander diese Erfindung als "das wirksamste Sicherheitsinstrument" der letzten 15 Jahre. Watkins drangte auch darauf, dass HANS zur Pflicht wurde. Die Fahrer verfluchten ihn zunachst, weil das Korsett, das den Kopf bei der Vorwartsbewegung bremst, unbequem war. Watkins erwiderte: "Lass sie es ein Jahr tragen, und sie werden es gar nicht mehr wahrnehmen." Im Jahr 2005 zog sich Watkins zuruck und ubergab sein Amt an seinen Kollegen Gary Hartstein. Er setzte sich als Prasident des FIA Instituts fur Sicherheit weiterhin fur die Sache ein. 2011 ging er endgultig in Ruhestand, reichlich dekoriert mit Ehrenamtern. In Zusammenarbeit mit seiner Frau Susan brachte er ein Buch uber Bernie Ecclestone heraus.