Die Formel 1 ist Krieg, auch wenn das die Gesundbeter im Zirkus nicht wahrhaben wollen. Zurzeit regiert wieder mal das Prinzip jeder gegen jeden. Red Bull, Lotus und Ferrari machen mobil gegen den Mercedes-F-Schacht. Mercedes gegen das Motormanagement von Renault. Und selbst Sauber geriet ins Visier.
Das Schweizer Team ist wohl einigen zu stark. Was sollen die Schlitze im Boden vor den Hinterradern, fragte ein Konkurrent an. Die FIA winkte ab. Die Stelle liegt in einem Bereich, der sich hinter dem Ende der Referenzstufe im Unterboden befindet. Dort sind Schlitze im Boden erlaubt, solange an den Kanten der 50 Millimeter Radius eingehalten wird.
Schwieriger ist der Fall Red Bull. Ein Team hat die Legalitat des Lufteinlasses vor dem Cockpit in Frage gestellt. Wer das Reglement beim Wortlaut nimmt, kommt zu dem Schluss, dass der Briefkastenschlitz in der Chassisstufe illegal sein musste, solange er geoffnet ist. Die einzigen Locher, die das Reglement im Chassis erlaubt, sind das Cockpit und Bedienungsluken.
Mercedes hat jetzt einen ahnlichen Schacht, aber der liegt uber einem Zugang fur die Vorderradaufhangung. Bei Red Bull fuhrt besagtes Loch ins Nirgendwo. Viele wurden gerne wissen, was au?er der Cockpitkuhlung noch damit gemacht wird.
Der Red Bull-Frontflugel regte die Phantasie der Konkurrenz schon bei den Testfahrten in Barcelona an. Als Sebastian Vettel am letzten Testtag nach einem Ausrutscher ins Kiesbett in Kurve vier an die Boxen zuruckkehrte, hing der Flugel auf Halbmast.
Red Bulls Gegner waren uberzeugt, dass es im Inneren des Flugels eine vorgespannte Drehstabfeder gibt, die den Flugel steif halt, um den FIA-Belastungstest zu bestehen. Ab diesem Punkt lasst der Torsionsstab eine kontrollierte Verbiegung zu. "Als Vettel seinen Unfall hatte, hat der Mechanismus versagt", wettern die Gegner.
Die FIA-Regelhuter winken ab: "So etwas ware nicht erlaubt." Und bei Testfahrten kann Red Bull machen, was sie wollen. Solange alle Crashtests bestanden worden sind, muss das Auto bei Testfahrten nicht zwingend den Regeln entsprechend. Keines der Messgerate, die da spazieren gefahren werden, sind legal.
Wie auto motor und sport in seiner aktuellen Ausgabe (8/2012) berichtet, entsprach auch die Prasentationsversion des Red Bull RB8 mit dem nach innen zielenden Auspuff nicht dem Reglement. Um sich vor Hitzeschaden zu schutzen, musste Red Bull an Stellen Abweiser und Finnen anbringen, an denen sie verboten sind. Deshalb gibt es auch kein Zuruck mehr zu dieser Version, es sei denn Red Bull lost das Problem mit der Uberhitzung der Bauteile in der Peripherie der Endrohre anders.
Die Front gegen den F-Schacht von Mercedes gibt nicht auf und bombardiert die FIA mit Zweifeln an der Legalitat des Systems. Es geht hauptsachlich darum, dass der Fahrer keinen Einfluss auf die Aerodynamik nehmen darf, was er nach Meinung der Gegner jedoch tut, weil er zum Aktivieren des F-Schachts den DRS-Knopf druckt.
Die FIA hat bislang auf alle Bedenken eine Antwort gefunden. "Es kommt nichts Neues. Sie drehen die Argumente von links nach rechts", hei?t es aus FIA-Kreisen. Ross Brawn nennt den F-Schacht schlau DRS (Drag Reduction System): "Weil genau das passiert, was wir unter DRS verstehen. Es wird der Luftwiderstand reduziert."
Trotzdem steht der Mercedes-Trick auf wackligen Beinen. Er konnte noch aus dem gleichen Grund gekippt werden, aus dem die adaptive Radaufhangung des Renault nach langen Diskussionen verbannt wurde. Die Ingenieure konnten mit immer verruckteren Spielarten des F-Schachts kommen.
Fur die gro?en Teams kein Problem, fur die kleinen schon. "Wenn wir heute mit einem wei?en Blatt Papier beginnen wurden, waren wir in zwei Monaten fertig. Es wurde richtig ins Geld gehen. Wir mussten uns uberlegen, ob sich das fur uns lohnt, oder ob es nicht besser ware, Rundenzeit durch konventionelle Schritte zu gewinnen. Die gro?en Teams konnen so eine Entwicklung parallel zum normalen Programm betreiben. Bei uns geht das nicht", erklart Sauber-Chefdesigner Matt Morris.
In unserer Fotogalerie zeigen wir Ihnen noch einmal im Detail, welche Stellen unter Verdacht der Illegalitat stehen.




